Die Illusion der perfekten Lösung
„Mir ist schlecht“, sagt mein Siebenjähriger. Und schlagartig beginnt die Arbeitswoche in Schwebe. Gerade war der Morgen noch auf Schiene, wenn auch zeitlich immer knapp bemessen, aber doch mit klarer Richtung. Plötzlich tun sich viele Optionen auf: Pflegeurlaub? Homeoffice? Verwandte anrufen? Letzteres fällt bei uns weg – eine Alternative weniger.
Krisensituationen erhöhen abrupt die Komplexität. Jetzt gilt es die richtige Lösung zu finden. Besser noch: die perfekte. Und so wägen wir die Möglichkeiten ab, gewichten Wahrscheinlichkeiten, rechnen mit allem – kommen aber zu keiner Lösung.
Dann endlich: Kapitulation. Das Eingeständnis, dass wir am Holzweg sind. Denn die Zukunft bleibt ungewiss. Vielleicht nur morgendliche Übelkeit. Vielleicht ein Magen-Darm-Infekt und tagelanges häusliches Lazarett. Schnell ein Kreuz schlagen, auf Holz klopfen oder was auch immer wir modernen Menschen tun, um das Schicksal zu beschwichtigen.
Der „Point of Action“ – ein Prinzip fürs Leben
Eine Aussage von Warren Buffett beim letzten Aktionärsmeeting spukt mir im Kopf herum: „In diesem Geschäft kommt man nie zu einer endgültigen Antwort – man kommt an einen Punkt, an dem man etwas unternimmt.“ Im Original: „point of action“.
Als Investor hat man nicht den Luxus, so lange zu überlegen, bis die Informationslage perfekt ist. Das wird sie nie sein. Es geht darum, mit ausreichend Information ins Tun zu kommen. Es ist also immer ein Schritt ins Ungewisse. Jede erfahrene Investorin weiß: Die Zukunft ist unsicher – und entscheidet dennoch über ihr Depot.
In vielen Lebensbereichen hängen wir der Illusion nach, dass wir am Punkt der Entscheidung Gewissheit haben. Meine Erkenntnis aus Buffets Aussage: Es gibt keine endgültigen Antworten – es gibt nur Entscheidungspunkte.
Endlose Grübelei kostet zu viel Energie. Es ist besser, Entscheidungen zu treffen und Fehler am Weg zu beheben. Oder auch Beschlüsse zurückzunehmen. Ich bin beim Investieren ein Fan von vielen kleinen Schritten. Keiner entscheidet über Sein oder Nicht-Sein. Dennoch ergeben sie über die Zeit spürbare Veränderungen. Mögen es immer die sein, die wir uns erhoffen.
Ach, übrigens, es war nur eine morgendliche Übelkeit. Nach kurzer Unterbrechung war wieder alles auf Schiene. Was ist geblieben? Genau, ein Gutmann Blickwinkel! :-)
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