01.12.22 14:43 - Lesezeit

Anlagealternativen in unsicheren Zeiten

Thomas Neuhold

Partner | Vorstand und Fondsmanager der Gutmann KAG

Heute geht es einmal nicht um zweistellige Renditen, sondern um Renditeunterschiede in der zweiten Nachkommastelle. Was auf den ersten Blick wie mühsame Erbsenzählerei erscheint, ist das tägliche Brot von Asset-Managern, die sich auf einen Bereich der sehr sicheren Anleihen spezialisiert haben: Pfandbriefe oder Covered Bonds genannt.

Covered Bonds und warum sie so sicher sind

Ein Covered Bond ist eine Anleihe, die von einem Kreditinstitut begeben wird. Das Besondere an ihr ist, dass den Investoren neben dem Rückzahlungsversprechen des Emittenten zusätzliche Sicherheiten zur Verfügung stehen. Diese „Cover Assets“ liegen im sogenannten „Deckungsstock“ oder „Cover Pool“.  In der Regel handelt es sich um Hypothekendarlehen oder Kredite an öffentliche Schuldner (Gemeinden, Länder etc). Auch Schiffs- und Flugzeugpfandbriefe sind möglich, in der Realität aber sehr selten. Im Fall der Abwicklung des Kreditinstituts wird der Deckungsstock aus der Konkursmasse herausgenommen und dient der Sicherstellung der Rückzahlung an die Covered Bond Investoren.

Die Hypothekendarlehen oder Kredite an öffentliche Schuldner sind an die Halter der Anleihen quasi verpfändet, daher der Name „Pfandbrief“.

Weckt das Thema bei Ihnen negative Erinnerungen an die Finanzkrise von 2008? Damals erlangte eine besondere Klasse von ABS-Papieren (Asset Backed Securities), nämlich die RMBS (Residential Mortgage Backed Securities) auf sogenannte Subprime-Mortgages traurige Berühmtheit. Der entscheidende Unterschied beim Covered Bond ist, dass auf zweifache Weise der Schuldner nicht so einfach davonkommt. Erstens kann man hierzulande seine Hypothek nicht einfach dadurch loswerden, dass man die Immobilie der Bank überlässt. Für nicht durch das Pfand gedeckte Schulden haftet man weiter, was in den USA meist nicht der Fall ist. Zweitens ist die Zahlungsverpflichtung des Emittenten nicht mit der Verwertung des Cover Pools erschöpft. Danach noch offene Forderungen werden gleichrangig mit anderen Gläubigern behandelt. Mit sehr hoher Sicherheit bekommt man daher fast sein gesamtes eingesetztes Kapital zurück.

Beispiele für die Einforderung der Sicherheiten? Schwierig!

Die Konstruktion des Covered Bond ist einerseits so gut abgesichert und andererseits so wichtig für die Finanz-Infrastruktur, dass nicht einmal im Verlauf der GFC (Great Financial Crisis) die Verwertung des Cover Pools tatsächlich durchexerziert werden musste. In der post-GFC-Welt ist der „Größte gedachte Unfall“ einer Bank das „Bail-in“ im „Going concern“ Fall. Das bedeutet, dass Eigenkapital, Ergänzungskapital, Nachrangforderungen, Holding- und Senior Non Preferred Anleihen abgeschrieben werden müssen, der Rest der betreffenden Bank (inklusive des Hypothekengeschäfts und der ausstehenden Pfandbriefe) aber möglichst schnell und mit Staatshilfen mit einer anderen Bank fusioniert wird. Der Schaden für eine Jurisdiktion (das heißt das Finanzsystem eines betreffenden Landes), wäre einfach zu groß, würde die Besicherung der Covered Bonds nicht halten. Daher wird die Probe der Haltbarkeit um jeden Preis vermieden. So war das unter anderem bei der Hypo Alpe Adria.

Worauf achtet der Investor in Covered Bonds?

Der Teufel steckt wie immer im Detail. Trotz jahrelanger Bemühungen zur Vereinheitlichung hat jedes Land sein eigenes Pfandbriefgesetz. Österreich hatte bis vor kurzem sogar drei verschiedene Gesetze – ein echtes Kuriosum! Je nach Gesetz ist die Vorgangsweise im Insolvenzfall anders. Da wir nicht jedes Detail jeder Jurisdiktion und zusätzlich der Emittenten beleuchten wollen, hier einige Beispiele, worauf wir achten, wenn wir die Attraktivität eines Pfandbriefs einschätzen.

- Bonität des Emittenten

- Herkunftsland des Emittenten und damit die gesetzlichen Regelungen, die für die Sicherheiten zur Anwendung kommen

- Sicherheiten im Deckungsstock: Hypotheken, öffentliche Kredite, Schiffskredite oder Flugzeugkredite

- Bei Hypotheken:

• Besteht der Deckungsstock aus Wohnimmobilien oder Gewerbeimmobilien? In Österreich ist eine Mischung aus beiden üblich. In vielen anderen Ländern sind 100 % Wohnimmobilien der Normalfall. Öffentliche Kredite müssen aber in einem separierten Deckungsstock geführt werden und dienen nur zur Sicherung von entsprechenden „öffentlichen Pfandbriefen“.

• In welchem Land und welcher Region befinden sich die zur Besicherung dienenden Immobilien? Wie sieht die Immobilienpreisentwicklung dort aus?

• Wie sieht der Deckungsstock genau aus? Ist er „granular“ (das bedeutet viele kleine Hypotheken und ist besser) oder gibt es wenige zugrundeliegende Schuldner? Wie wird mit notleidenden Krediten umgegangen?

• Wie hoch ist der Loan-to-Value (LTV: Höhe der Hypothek versus dem Wert der Immobilie)? Üblich ist ein Maximalwert von 80 % bei Wohnimmobilien und 60 % bei Gewerbeimmobilien, damit eine Hypothek in den Deckungsstock aufgenommen werden kann.

• Erfolgt die Kreditvergabe mit Fixzins oder mit variablem Zins? Das macht einen Unterschied im Ausfallsrisiko bei Zinsänderungen.

- Gibt es eine sogenannte Ersatzdeckungsmasse?

- Wie hoch ist der vorgeschriebene Wert der Übersicherung („Overcollateralisation“) und wie hoch ist der tatsächliche Wert? Übersicherung bedeutet, um wieviel größer der Deckungsstock im Vergleich zum Volumen ausstehender Pfandbriefe ist. Üblich sind gesetzlich mindestens 2 %. Gemeinsam mit dem LTV-Limit schützt die Übersicherung den Investor im Fall eines Preisverfalls am Immobilienmarkt.

- Wie ist die Struktur des Emittenten? In manchen Ländern ist ein „Spezialbankenprinzip“ üblich, bei dem die Sicherstellung der Deckungsmasse dadurch geschieht, dass diese an eine Entität (meist Tochter des Emittenten) übertragen wird, die per Gesetz nicht bankrottgehen kann. Manchmal gründen (kleinere) Banken eine gemeinsame Tochter zur Emission von Covered Bonds. 

Nur Gewinner?

Sie ahnen es bereits: So viel Sicherheit hat ihren Preis! Die Rendite von Covered Bonds liegt deutlich unter der von „normalen“ Anleihen. Und dennoch bieten sie Banken und Anlegern eine Win-win-Situation. Die Banken können durch die billige Refinanzierung günstige Hypothekarkredite vergeben. Und für Investoren sind Covered Bonds fast so sicher wie Staatsanleihen. Bisweilen gelten Covered Bonds sogar als sicherer als Staatsanleihen. Werfen wir einen Blick nach Italien: Es ist durchaus üblich, dass italienische Pfandbriefe geringere Renditen abwerfen als italienische Staatsanleihen und in diesem Sinn als sicherer bewertet werden!

Im Insolvenzfall einer Bank werden der Konkursmasse durch den Cover Pool viele Assets entzogen. Das kann für andere Gläubiger äußerst unangenehm sein, denn für sie bleibt dann nicht mehr viel übrig. Selbst Privatkunden steht der Deckungsstock für Einlagen über 100.000 Euro (Einlagensicherungsgrenze) nicht zur Verfügung. Wenn es also tatsächlich zum Ausfall kommt, geht die höhere Sicherheit der einen zulasten der anderen Investoren.

Warum wir darüber überhaupt schreiben?

Der Unterschied in der Rendite zwischen Covered Bonds einer bestimmten österreichischen, niederländischen oder französischen Bank liegt meist bei weniger als 0,1 % pro Jahr. Nur Profis verfügen über das nötige Know-how hinsichtlich Rechtsrahmen, Emittenten und Cover Pool zur Einschätzung der relativen Attraktivität dieser Anleihen.

Generell gilt, dass durch die Zinserhöhungen der Europäischen Zentralbank EZB Covered Bonds deutlich attraktiver geworden sind. Noch dazu ist der Aufschlag auf deutsche oder österreichische Staatsanleihen relativ hoch. Konkret bieten Pfandbriefe mit 3 bis 5 Jahren Restlaufzeit aktuell eine Rendite zwischen 2,5 und 3 %. Das ist 0,5 bis 1 % mehr als die deutsche Staatsanleihe. Und das alles in einem Umfeld großer wirtschaftlicher Herausforderungen – in einer Zeit, in der die Bonität vieler Emittenten auf die Probe gestellt wird. Zudem werden Banken einen Teil der bisher von der EZB zur Verfügung gestellten Finanzierung wieder am Markt tätigen müssen.

Wir erwarten daher ein großes Angebot an Covered Bonds – ein klarer Vorteil für Käufer. Für uns gibt es gute Gründe, aktuell Pfandbriefe zu kaufen. Wir werden den Anteil an Covered Bonds in den von uns verwalteten Anleihe-Portfolios ein wenig aufstocken.

Das war ein kurzer Einblick in eine sehr spezielle Anlagemöglichkeit. Wir hoffen, Ihr Interesse an Pfandbriefen geweckt zu haben.

Disclaimer: Dies ist eine Marketingmitteilung. Die Anlage in Finanzinstrumenten ist Marktrisiken unterworfen. Frühere Wertentwicklungen bzw. Prognosen sind keine verlässlichen Indikatoren für zukünftige Ergebnisse. Die steuerliche Behandlung hängt von den persönlichen Verhältnissen des jeweiligen Kunden ab und kann künftigen Änderungen unterworfen sein. Bank Gutmann AG weist ausdrücklich darauf hin, dass diese Unterlage ausschließlich für den persönlichen Gebrauch und nur zur Information dienen soll. Eine Veröffentlichung, Vervielfältigung oder Weitergabe ist ohne die Zustimmung der Bank Gutmann AG untersagt. Der Inhalt dieser Unterlage stellt nicht auf die individuellen Bedürfnisse einzelner Anleger ab (gewünschter Ertrag, steuerliche Situation, Risikobereitschaft etc.), sondern ist genereller Natur und basiert auf dem neuesten Wissensstand der mit der Erstellung betrauten Personen zu Redaktionsschluss. Diese Unterlage ist weder ein Angebot noch eine Einladung zur Angebotsstellung zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren. Die erforderlichen Angaben zur Offenlegungspflicht gemäß § 25 Mediengesetz sind unter folgender Web-Adresse zu finden: https://www.gutmann.at/impressum

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